{"phaenomen":{"titel":"Progressivkonstruktionen","phid":"10","author":"Kuhmichel, Katrin","kurzbeschreibung":"<p class="bodytext">Unter dem Etikett „Progressiv” bzw. „Verlaufsform” werden im Deutschen unterschiedliche sprachliche Mittel zusammengefasst, die mit dem Ausdruck von Progressivität, dem im-Verlauf-Sein einer Handlung oder eines Geschehens, in Verbindung gebracht werden. Als prominentester Vertreter ist der <i>am</i>-Progressiv, auch bekannt als „rheinische Verlaufsform”, einzustufen. Er wird in der Forschungsliteratur und in den Grammatiken des Deutschen relativ unumstritten als Progressivausdruck gewertet. Der <i>am</i>-Progressiv setzt sich aus einer finiten Form von <i>sein</i>, der Kontraktion <i>am</i> (von <i>an</i> <i>dem</i>) und einem (substantivierten) Verb im Infinitiv zusammen:</p><div class="indent"><p class="csc-frame-frame1"><span class="grayleft">(1)</span> <i></i></p><p class="csc-frame-frame1"><i>Ich bin am Überlegen. </i>(Duden Grammatik 2016: 435)</p></div><p class="bodytext">Der progressive Charakter einiger weiterer Ausdrucksweisen gilt als umstritten, aber auch der Status des <i>am</i>-Progressivs ist nicht gänzlich geklärt. Zifonun/Hoffmann/Strecker (1997: 1880) bezweifeln beispielsweise, dass Phrasen wie <i>(fast)</i> <i>am verhungern sein</i> als&nbsp;progressiv zu werten sind: „Hier wird man kaum noch von Verlaufsform sprechen können, denn was fast der Fall ist, ist nicht der Prozeß, sondern der Vollzug der Zustandsveränderung.”</p><p class="bodytext">In Analogie zur englischen <i>progressive form</i> (<i>to be</i> + V-<i>ing</i>) wird der <i>am</i>-Progressiv zudem mit einer Vielzahl weiterer Funktionen (u.a. dem Ausdruck von Habitualität und Iterativität sowie zukünftiger Ereignisse) in Verbindung gebracht (zum Progressiv im Englischen vgl. u.a. Quirk et al. 1985: 197–210, Bache 2000: 132–138, Sammon 2002: 27–46 und Leech 2004: 18–34). Dazu zählen auch sogenannte <i>(inter)subjective connotations</i>, zu denen der Ausdruck von Überraschung und Irritation, aber auch die besondere Hervorhebung oder Abschwächung des Gesagten zählen. Derartige Lesarten legen eine modale Analyse der Konstruktion nahe. Besonders Einzelbelege, im Rahmen derer der Gebrauch des <i>am</i>-Progressivs nur bedingt aspektuell-temporal begründet werden kann, werden in diesem Zusammenhang angeführt (vgl. Anthonissen/Wit/Mortelmans 2016: 17–23 und Wit/Brisard 2014: 81–86 zum Englischen).</p>","detailbeschreibung":"<p class="bodytext">Ungeachtet dessen wird die Hauptfunktion des Progressivs in der Darstellung einer Handlung oder eines Geschehen als im Verlauf befindlich gesehen (vgl. Pottelberge 2009: 359, Wit/Brisard 2014: 70, Anthonissen/Wit/Mortelmans 2016: 24, Flick 2016: 164). Entsprechend wird der deutsche <i>am</i>-Progressiv als aspektuelle oder zumindest aspektverdächtige Erscheinung eingestuft (u.a. bei Elspaß 2005: 268, Pottelberge 2009: 359), was jedoch insofern problematisch ist, als das Deutsche nach gängiger Auffassung nicht über eine grammatische Kategorie Aspekt verfügt. Lediglich Gárgyán (2014: 53) geht von einem vollständig grammatikalisierten progressiven Aspekt im Deutschen aus. Entsprechend muss für Sprachen wie das Deutsche zwischen Aspekt als grammatischer Kategorie und Aspektualität als übergeordneter semantisch-funktioneller Kategorie differenziert werden. Während die Aspektkategorie bestimmten Sprachen vorbehalten ist, kann Aspektualität auch in Sprachen ohne grammatischen Aspekt zum Ausdruck kommen (vgl. Schwall 1991, Henriksson 2006). </p><p class="bodytext">Im Deutschen ist es im Vergleich zu Sprachen wie dem Englischen nicht obligatorisch, einen Progressivausdruck zu verwenden. Anstelle der analytischen Variante mit <i>am </i>kann auch eine finite Verbform gebraucht werden, z.B. <i>arbeitet</i> statt <i>ist am Arbeiten </i>(vgl. Szczepaniak 2011: 159, Hentschel/Weydt 2013: 124). In bestimmten Kontexten werden Progressivausdrücke aber auch im Deutschen bevorzugt, z.B. im Rahmen des Inzidenz-Schemas, bei dem eine Handlung eintritt, während eine andere noch andauert, als Antwort auf die Frage&nbsp;<i>Was macht X gerade?&nbsp;</i>oder im Falle des <i>aspetto continuo</i> (Bertinetto 1986: 163–181), der eine Handlung über einen längeren Zeitraum hinweg als im Verlauf befindlich beschreibt (vgl. Ebert 1996: 43, Krause 1997: 63, Flick/Kuhmichel 2013: 54). Zahlreiche Untersuchungen legen zudem nahe, dass bestimmte Verben bzw. Verbklassen – in der Regel wird in diesem Zusammenhang auf Vendlers (1957, 1967) <i>activities</i> (u.a. <i>laufen</i>, <i>schwimmen</i>, <i>nachdenken</i>), <i>accomplishments </i>(u.a. <i>ein Bild malen, aufwachsen</i>), <i>achievements </i>(u.a. <i>gewinnen</i>, <i>den Gipfel erreichen</i>) und <i>states </i>(u.a. <i>lieben, glauben</i>) referiert – bevorzugt progressiviert, andere hingegen im Progressiv eher ausgespart werden (vgl. u.a. Krause 1997: 61–68, Flick 2011: 70–84, Flick/Kuhmichel 2013: 60–64, Flick 2016: 173–184, Ramelli 2016: 58–64). Zudem können auch gewohnheitsmäßige Handlungen im Progressiv erscheinen (vgl. Krause 1997: 68–71). </p><p class="bodytext">Neben dem <i>am</i>-Progressiv werden in der Forschungsliteratur auch die analytischen Konstruktionen mit <i>beim</i>, s.<i> </i>(2a), <i>dabei</i> <i>zu</i>, s.<i> </i>(2b),<i> im</i>, s. (2c), und <i>tun</i>, s. (2d), sowie die Variante finites Vollverb + Temporaladverb <i>gerade</i>, s. (2e), als potenziell progressiv diskutiert: </p><div class="indent"><p class="csc-frame-frame1"><span class="grayleft">(2)</span>a. <i>Er ist beim Schreiben/Arbeiten/Essen/Kochen/Tanzen. </i>(Krause 1997: 61) </p><p class="csc-frame-frame1">b<i>. Er ist dabei, einen Brief zu schreiben/Tee zu kochen. </i>(Krause 1997: 62) </p><p class="csc-frame-frame1">c. <i>Das Einkaufszentrum ist im Entstehen. </i>(Krause 1997: 68) </p><p class="csc-frame-frame1">d. <i>Er tut lesen, Er tut tischlern.</i> (nach Fischer 2001: 148)<i>&nbsp;</i></p><p class="csc-frame-frame1">e. <i>Er schreibt/arbeitet/isst/kocht/tanzt gerade.</i> (nach Krause 1997: 62)</p></div><p class="bodytext">Zweifel am progressiven Status der <i>beim</i>-Konstruktion bestehen jedoch insofern, als diese in bestimmten Kontexten sowohl lokal als auch progressiv interpretiert werden kann (vgl. Szczepaniak 2011: 160). Auch der progressive Charakter der <i>tun</i>-Periphrase, der zudem nur für bestimmte regionale Varietäten angenommen wird, gilt als umstritten (vgl. Abraham/Fischer 1998: 39; Eroms 1998: 151; Langer 2000: 268–271; Fischer 2001: 148; Maiwald 2002: 141, 2004: 239–240; Kölligan 2004: 431; Meier 2015: 79–80). Als ein Kritikpunkt wird darauf hingewiesen, dass nicht die <i>tun</i>-Periphrase selbst Träger aspektueller Bedeutung sein kann, sondern diese aus dem jeweiligen Kontext resultiert (vgl. Maiwald 2002: 141). Fischer (2001: 148) verweist jedoch u.a. auf progressiv interpretierbare Belege aus dem Zürichdeutschen und dem Tirolischen, s. (2d), die hier aus Gründen der Einheitlichkeit nicht im Dialekt angegeben werden, sondern in die Standardsprache übertragen worden sind. Die Variante finites Vollverb + <i>gerade </i>erfährt ebenfalls unterschiedliche Wertungen, als Progressiv abgelehnt wird sie u.a. von Ebert (1996: 49), Flick/Kuhmichel (2013: 54–55) und Kuhmichel (2016: 73), die herausstellt, dass das Temporaladverb ein Ereignis nicht im Verlauf, sondern zu einem konkreten, zeitlich fixierten Moment darstellt. Auch Reimann (1996: 176) siedelt die Funktion von Temporaladverbien wie <i>gerade </i>oder <i>jetzt</i>, die einen direkten Bezug zum Sprechzeitpunkt herstellen, im temporalen und nicht im aspektuellen Bereich an. Ebert (1996: 49) wiederum spricht dem Temporaladverb eine disambiguierende Funktion zu. </p><p class="bodytext">Die Kombinationsmöglichkeiten der Progressivkandidaten, z.B. mit Verben und Objekten, gestalten sich ebenfalls unterschiedlich. Besonders starken Restriktionen unterliegen die Konstruktionen mit <i>im</i>, <i>beim </i>und <i>dabei zu</i> (vgl. Krause 1997: 52–66). Wenngleich der <i>am</i>-Progressiv hier vergleichsweise flexibel ist, unterliegt auch er Einschränkungen, die eine sowohl varietätenspezifische als auch areale Ausprägung erkennen lassen. Während beispielsweise im Rheinland, s. (3a, b), und im Ruhrgebiet, s. (3c), sowie im Zürichdeutschen, s. (3d), eine Erweiterung der Konstruktion durch Objekte möglich ist, gilt als einzig akzeptiertes Mittel der Einbindung von Objekten im Standarddeutschen die Objektinkorporierung, s. (3e) (zu intersituativen Differenzen bezüglich der Einbindung von Objekten vgl. Kallenborn 2016: 106):</p><div class="indent"><p class="csc-frame-frame1"><span class="grayleft">(3) </span>a. <i>d'r Pitter is Näl am erinkloppe</i>&nbsp;(Bhatt/Schmidt 1993: 71)<br />&nbsp; &nbsp; der Peter ist Nägel am Reinklopfen</p></div><div class="indent"><p class="csc-frame-frame1">b.<i> Pitter is dem Paul för fuffzich Mark dat Huus am wieße. </i>(Brons-Albert 1984: 201)</p><p class="csc-frame-frame1"><span style="background-color: rgb(255, 255, 255);">&nbsp; &nbsp; Peter ist dem Paul für fünfzig Mark das Haus am Weißen</span></p><p class="csc-frame-frame1">c.<i> Ich bin mir das am überlegen. </i>(Andersson 1989: 99) </p><p class="csc-frame-frame1">d.<i> Si isch am t’<b>&nbsp;</b>hüener us em huus jage.</i> (Ebert 2000: 611)<br /><span style="background-color: rgb(255, 255, 255);">&nbsp; &nbsp; sie ist am die Hühner aus dem Haus jagen</span></p><p class="csc-frame-frame1">e. <i>Sie ist am Kofferpacken/Kaffeekochen/... .</i> (nach Szczepaniak 2011: 164)</p></div>","ergebnisse":"<p class="bodytext">Die Karten zu den Einzelbildbeschreibungen der indirekten Erhebung (E1_08, E1_14 und E3_18), die unter (4) im Vergleich dargestellt sind, zeigen drei Areale, die in Aufgabe E1_08 besonders deutlich hervortreten. Der <i>am</i>-Progressiv überwiegt im Nordwesten – in Aufgabe E3_18 reicht er zudem bis in den Nordosten hinein und ist vereinzelt auch im Süden belegt –, die <i>tun</i>-Periphrase im Süden und in der Mitte, das finite Vollverb im Nordosten des Untersuchungsgebietes, wobei dieser teils von anderen Konstruktionen durchdrungen wird und das Vollverb generell dialektübergreifend belegt ist. </p><p class="bodytext">[[(4) Progressivkonstruktionen: Vergleich der Einzelbildbeschreibungen (E1_08, E1_14 und E3_18) aus der indirekten Erhebung:: E1_08 E1_14 E3_18]]</p><p class="bodytext">Am Beispiel dreier, unter (5) zusammengefasster Bewertungsaufgaben wird hingegen deutlich, dass sich der Verbreitungsgrad des <i>am</i>-Progressivs mit einem zwischen <i>sein</i> und die <i>am</i>-Phrase gerückten Akkusativ- (E3_10 und E4_06) oder Dativobjekt (E4_34) stark verringert, wobei in Verbindung mit dem Dativobjekt eine noch geringere Akzeptanz der Konstruktion zu beobachten ist. Die <i>tun</i>-Periphrase hingegen ist in ihren Kerngebieten weiterhin stark vertreten. Auch die Konstruktionen mit <i>beim</i> und <i>dabei</i> <i>zu</i>, die im Rahmen der Einzelbildbeschreibungen selten waren, treten hier häufiger in Erscheinung. Das finite Vollverb hingegen ist erneut dialektübergreifend vertreten und erweist sich bis auf Aufgabe E3_10, in der es im Vergleich zur ansonsten identischen Aufgabe E4_06 nicht als Antwortalternative vorgegeben war, als dominant, wenngleich es in der Regel neben anderen Konstruktionstypen erscheint.&nbsp; </p><p class="bodytext">[[(5) Progressivkonstruktionen: Vergleich der Bewertungsaufgaben (E3_10, E4_06 und E4_34) zur Einbindung von Objekten aus der indirekten Erhebung:: E3_10 E4_06 E4_34]]</p><p class="bodytext">In einigen Fällen – hier am Beispiel einer unter (6) erfassten Puzzleaufgabe (E3_04) sowie dreier Bewertungsaufgaben (E4_13, E4_22 und E4_31) veranschaulicht – tritt der <i>am</i>-Progressiv auch verteilt auf das gesamte Untersuchungsgebiet in Erscheinung, wobei er im Süden Hessens sowie in den Erhebungsorten in Baden-Württemberg, Bayern, Thüringen und Niedersachsen selten bleibt und generell nur in geringer Frequenz belegt ist. Das Verbreitungsgebiet der <i>tun</i>-Periphrase hingegen fällt hier kleiner aus. Die Konstruktionstypen mit <i>beim</i> und <i>dabei</i> <i>zu</i> treten zwar häufig, jedoch seltener als der <i>am</i>-Progressiv und ohne erkennbare Arealbildung auf. Das finite Vollverb wird weiterhin in hoher Frequenz und dialektübergreifend gebraucht, in der Regel überwiegt jedoch der&nbsp;<i>am</i>-Progressiv. Die Variante mit Temporaladverb, die in der Regel weit hinter der Variante finites Vollverb ohne Temporaladverb zurückbleibt, stellt in der Puzzleaufgabe erstmals die zweithäufigste Variante nach dem <i>am</i>-Progressiv dar.&nbsp;</p><p class="bodytext">[[E3_04 E4_13]]</p><p class="bodytext">[[ (6) Progressivkonstruktionen: Vergleich einer Puzzleaufgabe (E3_04) und dreier Bewertungsaufgaben (E4_13, E4_22 und E4_31) aus der indirekten Erhebung mit hohem Progressivanteil:: E4_22 E4_31]]</p><p class="bodytext">Aufgabe E3_04 zeigt einen hohen Anteil an <i>am</i>-Progressiven sowie der Variante finites Vollverb + <i>gerade</i>. Es scheint sich der in der Aufgabenstellung vorgegebene situationelle Kontext – es handelt sich hierbei um die Nicht-Verfügbarkeit einer Person (vgl. <i>Availability </i>bei Abraham 2008: 10) – auszuwirken. Überdies ist denkbar, dass die Vorgabe der Wörter <i>Plätzchen </i>und <i>backen</i> (in dieser Reihenfolge) Antworten im <i>am</i>-Progressiv begünstigt hat. Auffällig ist jedoch, dass die <i>beim</i>-Konstruktion, für die dies genauso hätte gelten dürfen, weit weniger häufig belegt ist. Die geringe Anzahl an Belegen für die<i> dabei zu</i>-Konstruktion und die <i>tun</i>-Periphrase kann dadurch bedingt sein, dass hier analytische Konstruktionen bevorzugt werden, die die Möglichkeit zur Objektinkorporierung bieten (vgl. dazu Ramelli 2013: 376). Da die <i>Plätzchen </i>in der Aufgabenstellung nicht näher bestimmt wurden, bietet sich die Objektinkorporierung hier an. Aufgabe E4_13 wiederum bestätigt den <i>aspetto continuo</i> als prototypischen Progressivkontext. Insbesondere der <i>am</i>-Progressiv ist hier stark vertreten. </p><p class="bodytext">Aufgabe E4_22 zeigt anhand der hohen Belegzahlen für den <i>am</i>-Progressiv, dass Progressivität und Habitualität ohne Weiteres miteinander kombinierbar sind, während der hohe Anteil an Progressivkonstruktionen in Aufgabe E4_31 zunächst überrascht, da die als punktuell charakterisierten <i>achievement</i>-Verben in der Forschungsliteratur als nur bedingt progressivierbar erachtet werden (vgl. Krause 1997: 64, Flick/Kuhmichel 2013: 60–63). Für die <i>dabei</i> <i>zu</i>-Konstruktion bestätigt sich im Rahmen dieser Aufgabe zudem die in der Forschungsliteratur beschriebene Präferenz für telische, d.h. auf einen Ziel- bzw. Endpunkt bezogene Verben (vgl. Krause 1997: 62). </p><p class="bodytext">Vergleicht man nun wie in (7) die „möglichen” und die „natürlichsten” Antworten im Rahmen von Bewertungsaufgaben miteinander, zeigt sich, dass bei einer Einschränkung auf die natürlichsten Antworten nicht nur die Frequenzen für die verschiedenen Konstruktionen sinken, sondern auch, dass sich das Spektrum an Ausdrucksmöglichkeiten an einigen Ortspunkten reduziert. </p><p class="bodytext">[[ (7) Progressivkonstruktionen: Vergleich der „möglichen“ und der „natürlichsten” Antworten einer Bewertungsaufgabe (E4_14) aus der indirekten Erhebung:: E4_13 E4_13_Z]]</p><p class="bodytext">Die direkte Erhebung liefert ein anderes Bild. Das finite Vollverb stellt hier in allen Aufgaben die dominierende, das Raumbild prägende Variante dar. Wenngleich der Anteil finiter Vollverben auch in der indirekten Erhebung hoch ist, tritt in der direkten Erhebung noch deutlicher hervor, dass die präferierte Variante der befragten Dialektsprecher in der Mehrzahl die mit Vollverb ist. Analytische Konstruktionen mit <i>am</i>, <i>beim</i> oder <i>tun</i> werden generell nur selten produziert. Besonders auffällig ist jedoch der geringe Anteil an <i>tun</i>-Periphrasen. Der Konstruktionstyp mit <i>dabei zu</i> wird zudem gar nicht produziert. Auch die Areale, die z.B. im Rahmen der Einzelbildbeschreibungen, s. (4), recht deutlich hervortreten, sind hier weniger stark ausgeprägt. </p><p class="bodytext">[[DP_04 DP_10]]</p><p class="bodytext">[[ (8) Progressivkonstruktionen: Vergleich der Videoclip- und Einzelbildbeschreibungen (DP_04, DP_10, DP_16 und DP_20) aus der direkten Erhebung:: DP_16 DP_20]]</p><p class="bodytext">Besonders deutlich treten die Unterschiede zwischen der indirekten und der direkten Erhebung hervor, wenn man die Ergebnisse zweier Aufgaben aus beiden Erhebungseinheiten – hier am Beispiel der in (9) dargestellten Einzelbildbeschreibungen&nbsp;– gegenüberstellt. Während in Aufgabe E1_08 eindeutige Areale sowohl für den <i>am</i>-Progressiv und die <i>tun</i>-Periphrase als auch für das finite Vollverb erkennbar sind, sind Aussagen zur Arealität bestimmter Ausdrucksweisen anhand von Aufgabe DP_16, wenngleich die Frage- bzw. Aufgabenstellung hier dieselbe war, quasi unmöglich. </p><p class="bodytext">[[ (9) Progressivkonstruktionen: Vergleich einer Einzelbildbeschreibung aus der indirekten Erhebung (E1_08) mit einer Einzelbildbeschreibung aus der direkten Erhebung (DP_16) :: E1_08 DP_16]]</p><div class="indent"></div><p class="bodytext">Auch die im Rahmen der direkten Erhebung eingesetzten Videoclips (DP_04, DP_10 und DP_20) zeigen, wenngleich diese oder ähnliche bereits häufig zur Erhebung von Progressivausdrücken eingesetzt wurden (u.a. bei Stutterheim/Carrol/Klein 2009; Flecken 2010; Kallenborn 2011, 2016; Stutterheim et al. 2012; Behrens/Flecken/Carrol 2013) und zudem die Vermutung naheliegt, dass ein bewegtes Bild sich positiv auf die Frequenz potenzieller Progressivausdrücke auswirken könnte, gegenüber der einzigen Einzelbildbeschreibung der direkten Erhebung (DP_16) kein deutliches Mehr an entsprechenden Konstruktionen, s. (8). </p><p class="bodytext">Bemerkenswert ist jedoch, dass im Rahmen einer anderen Aufgabe der direkten Erhebung<i>&nbsp;</i>verstärkt <i>am</i>-Progressive und <i>tun</i>-Periphrasen produziert wurden. Anhand einer Sekundärauswertung zu Aufgabe DP_14, die primär zur Untersuchung der Kongruenz des hybrid nouns <i>Mädchen </i>gedacht war (vgl. die Auswertung zum <a href="/apps/atlas/#hybrid-noun-maedchen" title="Opens external link in new window" target="_blank" class="external-link-new-window">hybrid noun</a><i><a href="/apps/atlas/#hybrid-noun-maedchen" title="Opens external link in new window" target="_blank" class="external-link-new-window"> Mädchen</a></i>), ergeben sich 64 Belege für den <i>am</i>-Progressiv und 152 <i>tun</i>-Periphrasen, unter denen sich auch einige wenige Topikalisierungen befinden. Im Unterschied zu den kurzen, nur wenige Sekunden dauernden Videoclips zur Erhebung von Progressivausdrücken (DP_04, DP_10 und DP_20) liegt dieser Aufgabe eine etwa dreiminütige Videosequenz zugrunde, die unterschiedliche Aktionen eines kleinen Mädchens zeigt. Im Vergleich der Aufgaben wird deutlich, dass die Gewährspersonen, wenn sie über einen längeren Zeitraum frei sprechen, deutlich mehr <i>am</i>-Progressive und <i>tun</i>-Periphrasen produzieren, als wenn sie in nur einem Satz auf die Frage <i>Was macht X in dem Video gerade? </i>antworten sollen und ihre Antwort entsprechend stärker reflektieren. Besonders deutlich wird dies anhand der 152 Belege für die <i>tun</i>-Periphrase, die im Rahmen der Videoclip- und Einzelbildbeschreibungen der direkten Erhebung (DP_04, DP_10, DP_16 und DP_20) überaus selten geäußert und von den Gewährspersonen zudem häufig als stigmatisiert bewertet wurden (vgl. Kuhmichel i.V.). Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Blick auf einzelne Gewährspersonen. <br /> </p><p class="bodytext">Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Unterschiede im Gebrauch der Konstruktionen sowohl hinsichtlich ihrer Frequenz als auch ihrer arealen Verteilung zu erkennen sind (vgl. Flick/Kuhmichel 2013: 65–73, Kuhmichel 2016: 76–85). Dabei spielen neben regionalen Präferenzen für bestimmte Konstruktionen auch die Erhebungsmethode (indirekt vs. direkt), der zugrunde liegende Aufgabentyp, die Frage- bzw. Aufgabenstellung, der Kontext sowie die abgefragten Objekte und Verben eine Rolle. </p><p class="bodytext">Als besonders frequent und am stärksten grammatikalisiert präsentiert sich der <i>am</i>-Progressiv im Rahmen der indirekten Erhebung im Nordwesten Hessens sowie in den Erhebungsorten im angrenzenden Nordrhein-Westfalen und dem westlichen Rheinland. Es ist entsprechend eine Ausbreitung ausgehend von den Gebieten erkennbar, die Elspaß (2005: 269) als Ursprungsgebiete der Konstruktion annimmt. Die hohen Belegzahlen und das dialektübergreifende Auftreten in einigen anderen Aufgaben müssen in Relation zum Aufgabentyp gesehen werden, da der <i>am</i>-Progressiv im Rahmen der Bewertungsaufgaben (E4_13, E4_22 und E4_31) jeweils vorgegeben war und für die Puzzleaufgabe (E3_04) aufgrund der Vorgabe ein Reihenfolge-Effekt nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann. Die Ergebnisse zeigen hier entsprechend vor allem, dass der <i>am</i>-Progressiv überregional bekannt und offensichtlich auch möglich ist, während hingegen die freieren Aufgaben (hier: Puzzleaufgabe und insbesondere Einzelbild- und Videoclip-Beschreibungen) belegen, wo der <i>am</i>-Progressiv basisdialektal tatsächlich verankert ist: </p><div class="indent"><p class="bodytext">Während die Bewertungsaufgaben Aussagen hinsichtlich der Akzeptanz bzw. Nicht-Akzeptanz vorgegebener syntaktischer Varianten ermöglichen und damit Informationen über das Sprachwissen und die Spracheinstellungen der Informanten aufdecken, ermöglichen ‚freie’ Antworten auf offener gestellte Fragen Aussagen über die aktive Dialektkompetenz der Informanten, die ein Phänomen nicht nur (wieder)erkennen, wenn es als Stimulus vorgegeben ist, sondern die eine bestimmte Variante auch produzieren. (Fleischer/Kasper/Lenz 2012: 30)</p></div><p class="bodytext">Ein progressiver Charakter der <i>tun</i>-Periphrase, der für einige Dialekte vermutet wird, lässt sich für die Dialekte Hessens nicht eindeutig postulieren. Das Auftreten in potenziell progressiven Kontexten genügt nicht, um die Konstruktion als Progressivausdruck zu werten. Gegen die Wertung als Progressiv kann zudem ins Feld geführt werden, dass die <i>tun</i>-Periphrase in einigen Aufgaben, s. (6), durch andere Konstruktionen – insbesondere den <i>am</i>-Progressiv, aber auch <i>beim</i>- und <i>dabei zu</i>-Konstruktion – stark zurückgedrängt wird. Dennoch kann festgehalten werden, dass sie sich im Süden und in der Mitte Hessens als die regional präferierte periphrastische Ausdrucksweise präsentiert (vgl. Kuhmichel 2016: 84–85). Das verdeutlichen insbesondere die Einzelbildbeschreibungen der indirekten Erhebung, s. (4), aber auch die Bewertungsaufgaben zur Einbindung von Akkusativ- und Dativobjekten, s. (5), im Rahmen derer sich vor allem der <i>am</i>-Progressiv in weiten Teilen Hessens als ungebräuchlich erweist. Die geringe Belegzahl an <i>tun</i>-Periphrasen im Rahmen der Beschreibungsaufgaben der direkten Erhebung, s. (8), ist zunächst überraschend, da die Konstruktion im Rahmen der Einzelbildbeschreibungen der indirekten Erhebung – bei identischer Fragestellung – überaus frequent war. Dies scheint u.a. auf die Erhebungssituation zurückführbar zu sein, denn im direkten Kontakt mit dem Explorator wurde die <i>tun</i>-Periphrase häufig als stigmatisiert beschrieben und entsprechend selten spontan produziert. Auch der Aufgabentyp an sich spielt hier eine Rolle: So äußern die Gewährspersonen im Rahmen der ebenfalls direkt eingesetzten Videosequenz (DP_14), die zum freien Sprechen animiert, vermehrt <i>tun</i>-Periphrasen. </p><p class="bodytext">Der seltene Gebrauch der Konstruktion mit <i>dabei zu</i> im Rahmen der freieren Aufgaben (hier: Einzelbildbeschreibungen und Puzzleaufgabe) sowie die Tatsache, dass die Konstruktion im Rahmen der direkten Erhebung gar nicht produziert wurde, deuten darauf hin, dass es sich bei dieser nicht um eine dialektal gebräuchliche Ausdrucksweise handelt. Ähnliches gilt für die <i>beim</i>-Konstruktion, wenngleich diese in der Regel häufiger belegt ist als die mit&nbsp;<i>dabei zu&nbsp;</i>(vgl. Kallenborn 2016: 89–111 zum Moselfränkischen). Im Rahmen der Bewertungsaufgaben, in denen beide Konstruktionstypen vorgegeben waren, wurden sie allerdings weit häufiger akzeptiert, als sie in den freieren Aufgaben produziert wurden – insbesondere dann, wenn der <i>am</i>-Progressiv sich als wenig gebräuchlich erwies, s. (5). Klar abgrenzbare Areale lassen sich jedoch nicht identifizieren: Mal treten die Konstruktionen nur vereinzelt in bestimmten Regionen auf, s. (4), mal auf das gesamte Erhebungsgebiet verteilt, s. (5) und (6). Dies spricht erneut dafür, dass es sich bei ihnen nicht um dialektspezifische Konstruktionen handelt, wobei insbesondere für die <i>beim</i>-Konstruktion nicht auszuschließen ist, dass sie in manchen Dialekträumen die dialektal präferierte Progressivvariante und damit eine Alternative zum <i>am</i>-Progressiv darstellt (vgl. Meier 2015: 82 zum Südbairischen).&nbsp; </p><p class="bodytext">Der frequente Gebrauch finiter Verbformen ist insofern keine Überraschung, als der Ausdruck von Progressivität im Deutschen generell fakultativ erfolgt und die finiten Verbformen die aspektuell unmarkierte Alternative darstellen. Dennoch gibt es, wenngleich die finiten Verbformen jeweils überregional vertreten sind, gewisse Unterschiede in Frequenz und Verteilung: In den Einzelbildbeschreibungen etwa, s. (4), präsentiert sich der Nordosten als Kerngebiet dieser Verbformen, die nicht selten ganze Ortspunkte prägen. Im Rahmen der Bewertungsaufgaben hingegen erscheinen sie verstärkt neben anderen Konstruktionstypen. Die Bewertungsaufgaben zeigen ohnedies besonders deutlich, dass bezüglich des Ausdrucks von Progressivität ein Spektrum an Ausdrucksmöglichkeiten besteht, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass sie andere Erkenntnisse liefern als die freieren Aufgaben.</p>","erlaeuterung":"<p class="bodytext">Die Arealität und der Gebrauch von Progressivausdrücken wurden sowohl indirekt als auch direkt anhand unterschiedlicher Aufgabentypen untersucht. Die Gestaltung der Aufgaben erfolgte unter Rückgriff auf die in der Forschungsliteratur beschriebenen Progressivkontexte<i>.<br /></i></p><p class="bodytext">Indirekt wurden sechs Bewertungsaufgaben (E3_10, E4_06, E4_13, E4_22, E4_31 und E4_34), drei Einzelbildbeschreibungen (E1_08, E1_14 und E3_18) und eine Puzzleaufgabe (E3_04) eingesetzt. Im Rahmen der Bewertungsaufgaben wurden vier bis fünf Antwortmöglichkeiten vorgegeben, darunter die analytischen Konstruktionen mit <i>am</i>, <i>beim</i>, <i>dabei zu </i>und <i>tun </i>sowie die finite Verbform, die in Aufgabe E4_31 einmalig in Kombination mit dem Temporaladverb <i>gerade </i>vorgegeben war. Die Konstruktion mit <i>im </i>wurde nicht abgefragt, da sie ihren „Schwerpunkt im konzeptionell schriftsprachlichen Bereich” (Krause 2002: 235) hat. Das finite Vollverb wurde mit Ausnahme von Aufgabe E3_10 immer als Antwortmöglichkeit vorgegeben. Um zu prüfen, inwiefern die Nicht-Vorgabe das Antwortverhalten der Informanten beeinflusst, wurde die Aufgabe in der darauffolgenden vierten Erhebungsrunde erneut, diesmal jedoch unter Vorgabe des finiten Vollverbs gestellt (vgl. E4_06). Die Bewertungsaufgaben wurden vor allem zur Erhebung weniger gebräuchlicher Verwendungsweisen des <i>am</i>-Progressivs, z.B. mit einem zwischen <i>sein </i>und die <i>am</i>-Phrase gerückten Objekt, eingesetzt. Da sie sowohl nach den möglichen als auch den natürlichsten Antworten fragen, sind für sie jeweils zwei Wertigkeiten abbildbar. Die Einzelbildbeschreibungen kommen in der Regel ohne zusätzliche Vorgaben aus und sind auch aufgrund ihrer Fragestellung (hier: <i>Was macht X auf dem Bild gerade?</i>) besonders frei gestaltet. Lediglich in Aufgabe E3_18 wurde das intendierte Verb (hier: <i>nachdenken</i>) zusätzlich vorgegeben, da die abgebildete Handlung ansonsten nicht eindeutig interpretierbar gewesen wäre. Die einzige Puzzleaufgabe wurde unter Vorgabe der Wörter <i>Plätzchen </i>und <i>backen</i> gestellt, die auch in dieser Reihenfolge angegeben waren (ein Reihenfolge-Effekt kann daher nicht gänzlich ausgeschlossen werden).</p><p class="bodytext">Im Rahmen der direkten Erhebung wurden vier Beschreibungsaufgaben basierend auf Video- und Bildmaterial eingesetzt (das Videomaterial stammt von Monique Flecken, der ich an dieser Stelle ganz herzlich für die Bereitstellung danken möchte). Die Fragestellung lautete jeweils <i>Was macht X auf dem Bild </i>bzw. <i>in dem Video gerade?</i>. Ergänzend wurde eine Befragung zum Gebrauch und zur Semantik des <i>am</i>-Progressivs und der <i>tun</i>-Periphrase durchgeführt (vgl. Kuhmichel i.V.). <i><br /></i></p><p class="bodytext">Die Kombinationsmöglichkeiten mit Objekten und Verben wurden ebenso untersucht wie der Einfluss des Kontexts und der Aufgabenstellung. Neben der Objektinkorporierung (z.B.<i> ist am Plätzchenbacken</i>) wurde untersucht, inwiefern in den Dialekten Hessens zwischen <i>sein </i>und die <i>am</i>-Phrase gerückte Objekte zugelassen sind (z.B.&nbsp;<i>ist die Wiese am Mähen&nbsp;</i>oder<i> ist der Uroma am Schreiben</i>). Unterschiedliche Verben, z.B. das punktuelle Verb <i>gewinnen</i>,&nbsp;kamen in der Erhebung ebenso vor wie die Kombination von Habitualität und Progressivität (z.B.<i>&nbsp;ist doch nur am Schimpfen</i>) oder der Gebrauch von Progressivausdrücken im <i>aspetto continuo</i> (z.B.<i>&nbsp;bin schon den ganzen Samstag am Waschen</i>). </p>","literatur":["<p class="bodytext">Abraham, Werner/Annette Fischer (1998): Das grammatische Optimalisierungsszenario von <i>tun</i> als Hilfsverb. In: Donhauser, Karin/Ludwig M. Eichinger (Hgg.): Deutsche Grammatik – Thema in Variationen. Festschrift für Hans-Werner Eroms zum 60. Geburtstag: 35–47. 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Die AdA-Karten veranschaulichen zudem, dass der <i>am</i>-Progressiv mit einem Verb wie <i>schlafen</i> sowohl häufiger auftritt als auch weiter verbreitet ist als mit einem zwischen <i>sein</i> und die <i>am</i>-Phrase gerückten Akkusativobjekt, was Elspaß (2015: 409) zu der Annahme gelangen lässt, „dass die syntaktischen Restriktionen für den <i>am</i>-Progressiv in den Ursprungslandschaften am geringsten sind, seine Grammatikalisierung dort also am weitesten fortgeschritten ist.” Auch Ramelli (2015: 243) geht davon aus, dass sich der <i>am</i>-Progressiv in den Dialekten und generell den Varietätenspektren des Deutschen in unterschiedlichen Grammatikalisierungsstadien befindet. Anhand der Ergebnisse einer Fragebogenstudie bestätigt er dies für den rheinfränkischen Dialektraum: „Die weitesten Verwendungsmöglichkeiten besitzt die Konstruktion in der Nähe des rheinfränkisch-moselfränkischen Übergangsgebietes, in Richtung der oberdeutschen Dialekte nehmen die Kontexte, in denen Sprecher von der Konstruktion Gebrauch machen können, sukzessive ab.” Kallenborn (2016: 98) liefert zudem Anhaltspunkte „für einen weit fortgeschrittenen Grammatikalisierungsstand des <i>am</i>-Progressivs im gesamten Moselfränkischen.” Anhand der Ergebnisse eines Sprachproduktionsexperiments gelingt es ihm zudem, intersituative und intergenerationelle Differenzen im Gebrauch des <i>am</i>-Progressivs zu identifizieren<i>. </i>Im Vergleich der dialekt- mit der standardsprachlichen Erhebungsrunde zeigt sich, dass der <i>am</i>-Progressiv von Sprechern des Moselfränkischen im Dialekt weit häufiger verwendet wird als in der Standardsprache. Der Generationenvergleich wiederum offenbart, dass ältere Sprecher die Objektinkorporierung als Verarbeitungsstrategie von Ergänzungen präferieren, wohingegen die jüngeren Sprecher dazu tendieren, das Objekt links von <i>am </i>zu positionieren.&nbsp; </p><p class="bodytext">Zum regionalen Gebrauch der Konstruktionen mit <i>beim</i> und <i>dabei</i> <i>zu</i> ist bislang nur wenig bekannt. Beide Konstruktionstypen werden jedoch eher dem standardsprachlichen Register zugeordnet (vgl. Andersson 1989: 97). Ebert (1996: 46) siedelt die <i>beim</i>-Konstruktion zudem verstärkt im Süden und im Osten Deutschlands an. Eine Diplomarbeit von Meier (2015) zum Ausdruck von Progressivität im Südbairischen bestätigt anhand der Ergebnisse eines Online-Fragebogens, dass Sprecher des Südbairischen die <i>beim</i>-Konstruktion sowohl im intendierten Standard als auch im intendierten Dialekt dem <i>am</i>-Progressiv vorziehen (vgl. Meier 2015: 82). Im Moselfränkischen hingegen sind Belege für die Konstruktionen mit <i>beim </i>und <i>dabei zu </i>überaus selten, die <i>dabei zu</i>-Konstruktion wird in Kallenborns Studie zudem ausschließlich in Übersetzungen realisiert, die bereits auf einer Übersetzungsaufgabe mit Vorgabe von <i>dabei zu</i> basieren (vgl. Kallenborn 2006: 89–109). Die <i>tun</i>-Periphrase hingegen tritt dialektübergreifend auf, jedoch nicht in all ihren Funktionen gleichermaßen (vgl. Langer 2000: 265). Mit dem Ausdruck von Progressivität wird sie u.a. im Pennsylvania- und Zürichdeutschen, im Bairischen und im Ripuarischen in Verbindung gebracht (vgl. Costello 1992: 243, Langer 2000: 269, Kölligan 2004: 435–448, Meier 2015: 79–81). Über eine progressive Verwendung der <i>tun</i>-Periphrase in den Dialekten Hessens ist nichts bekannt. </p><p class="bodytext">In den grammatischen Beschreibungen zu den Dialekten Hessens stellen Hinweise zu den Progressivkonstruktionen generell eine Seltenheit dar. Mottausch (2009: 193, 244–247) erwähnt sie zwar, rechnet sie aber nicht explizit der Mundart zu.&nbsp;</p>","pdfname":"SyHD-atlas_2017_Progressivkonstruktionen.pdf"}}